Was den Franzosen Ihre Chatéaus sind, sind den Engländern ihre Schlösser und Herrenhäuser nebst den Gärten, ihre Burgen und Cottages. Es gibt sie in einer nicht enden wollenden Hülle und Fülle. Wer möchte kann seine Tour so planen, dass er jeden Tag mind. 2 unterschiedliche Landsitze oder Gärten anschauen kann. Da dies zum einen jedoch ziemlich schnell zu einer Übersättigung und zum anderen bei den nicht gerade billigen Eintrittspreisen zu einem Loch in der Reisekasse führt, haben wir uns entschieden sehr selektiv vorzugehen. Dies ist bei der Vielzahl von Möglichkeiten nicht so ganz einfach; aber wir wollen auch nicht das Auswahlprozedere zu einer Doktorarbeit ausufern lassen. Unsere Wahl ist daher in erster Linie auf Liegenschaften und Gärten gefallen, die im Reiseführer (DUMONT Reise-Handbuch Südengland) mit den Attributen schönstes, frühestes, traumhaftestes, beliebtestes, weltberühmtes etc. bezeichnet wurden und deren weitere Beschreibung uns angesprochen und neugierig gemacht hat.
Erschwert wird das Ganze auch noch zusätzlich durch die Öffnungszeiten, die alles andere als einheitlich sind. Die einen haben am Montag und Dienstag zu, andere am Mittwoch und Donnerstag und ganz andere haben 7 Tage die Woche geöffnet. Die einen öffnen um 10:00 Uhr, die anderen erst um 11:00 oder gar erst um 12:00. Manche haben sich auch etwas „Besonderes“ einfallen lassen – der Garten wird schon um 10:00 Uhr geöffnet, das Haus oder Schloss erst um 11:00 Uhr. Die Schließungszeiten sind natürlich auch komplett unterschiedlich. Ja, kreativ sind sie die Engländer!!! Aber wir lassen uns davon nicht unterkriegen. Wenn aufgrund der Öffnungszeiten ein Besuch nicht oder nur schwer möglich ist, dann lassen wir es einfach sein. Denn es gibt ja noch mehr als genügend andere Sehenswürdigkeiten – die gehen garantiert nicht so schnell aus!
Um die Kosten einigermaßen in Grenzen zu halten haben wir eine Jahresmitgliedschaft beim National Trust abgeschlossen. Das geht ganz unkompliziert vor Ort bei einer der Liegenschaften und kostet für 2 Personen für 1 Jahr 95,50 GBP. Damit bekommt man bei dessen „Liegenschaften“ freien Eintritt. Und das ist wirklich ein großer Teil des „Angebotes“. Der Erwerb lohnt sich auf jeden Fall. Wir haben die Kosten bereits durch 4 Besichtigungen innerhalb von 2 Tagen hereingeholt. Daran sieht man einmal wie horrend hoch die Eintrittspreise sind. Wer nur 14 Tage unterwegs ist, für den lohnt sich der Kauf eines 14 Tage-Tickets für 2 für 55 GBP über den Britain Shop (www.visitbritain.com)
Nach Leeds Castle haben wir in den letzten Tagen bzw. der letzten Woche nachfolgende Sehenswürdigkeiten besucht:
- Penshurst Place in Penshurst (darauf kann verzichtet werden)
- Hever Castle in Edenbridge (absolutes Muss!)
- Gärten von Sissinghurst unweit von Cranbrook (in erster Linie für Gartenliebhaber)
- Scotney Castle in Lamberhurst (sehr sehenswert)
- Bodiam Castle in Robertsbridge (darauf kann verzichtet werden)
- Monk’s House in Rodmell (ganz nett – nur, wenn es auf dem Weg liegt)
- Petworth House in Petworth (absolutes Muss!)
Aufgrund der Beschreibung im Reiseführer sind wir beim einen oder anderen mit einer großen Erwartungshaltung zur Besichtigung angetreten. Wir mussten jedoch feststellen, daß wir einzelne Attribute nicht immer so ganz nachvollziehen konnten. Aber wahrscheinlich liegt das nur an der fehlenden „Vergleichsmasse“.
Penshurst Place
Dazu heißt es im Reiseführer, daß es eines der schönsten und frühesten Herrenhäuser aus mittelalterlicher Zeit ohne Wehranlagen ist. Zudem sollen die opulenten, formalen Gartenanlagen zu den schönsten noch in England erhaltenen zählen.
 Das Herrenhaus war auch wirklich sehr schön anzusehen, aber für uns sah es genauso zauberhaft aus, wie das eine oder andere englische Herrenhaus auch. Vom Mobiliar ist  noch sehr vieles im Original erhalten, was sicherlich den Reiz für den einen oder anderen erhöht und es damit interessanter macht. Der Garten selbst war ganz nett aber aus unserer Sicht alles andere als opulent. Neu und daher interessant für uns war die grundsätzliche Aufteilung des Gartens. Der Garten selbst war von einer Mauer umgeben. Innerhalb der Mauer war der Garten formal in größere und kleinere Bereiche geteilt, die jeweils von einer nicht einsehbaren Hecke oder stark bis nach unten belaubten Bäumen umgeben waren. Wir wussten somit nicht was uns bei einem Wechsel von einem Teil in den anderen Teil des Gartens erwartet. Im Großen und Ganzen war der Besuch ganz nett. Unseres Erachtens hätten wir aber auch nichts Großartiges versäumt, wenn wir dieses Herrenhaus ausgelassen hätten. Wir sind nicht so die künstlerischen Feingeister die einzelne historische Details erkennen können und entsprechend zu schätzen wissen. Für uns ist immer das Gesamterlebnis bzw. der –eindruck entscheidend. Perfekt ist allerdings der Parkplatz von Penshurst Place, auf dem wir die Nacht verbracht haben. Man hat das Gefühl auf einem parkähnlichen Platz zu stehen, den wir auch noch für uns alleine hatten.
Hever Castle
Angelockt von der blumigen Beschreibung „Hever Castle und seine Gärten sind ein Wirklichkeit gewordenes Eden“ können wir bestätigen, daß es wirklich traumhaft und von großem Reiz ist. Hever Castle vereint die Geschichte zweier sehr interessanter Dynastien – die der Familie von Anne Boleyn, der zweiten Ehefrau von Heinrich VIII und die der Familie William Waldorf Astor. Im 15ten Jahrhundert Wohnsitz der Familie Boleyn hat Heinrich VIII. zwischen den blühenden Obstbäumen um Anne Boleyn, der Tochter des Hauses geworben. 1903 erwarb William Waldorf Astor, der aus einer der reichsten Familien Amerikas stammt, Hever Castle und rettete es vor dem Verfall. Dafür war Ihm war nichts zu teuer oder zu aufwendig. Er wollte in der Burg luxuriös und mit allem Komfort der damaligen Zeit leben; dieser sollte jedoch nach außen nicht sichtbar sein. Äußerlich ließ er die Burg detailgetrau rekonstruieren. Dies ist ihm wirklich sehr gut gelungen. Uns als Besucher sind z.B. weder die Steckdosen, die Heißwassserboiler oder die Wasserrohre aufgefallen. Die rechteckige von einem Wassergraben umgebene Burg hat innen einen zauberhaften kleinen Innenhof. Die Innenmauern sind wunderschöne Fachwerkfassaden und sehen nicht aus wie klassische Burgmauern, die man normalerweise erwarten würde. Die Inneneinrichtung ist sehr erlesen und aufwendig. Auch als Laien haben wir gesehen, dass hier die besten Kunsthandwerker ihrer Zeit am Wirken waren und vom Hausherren weder Kosten noch Mühen gescheut wurden. Nachdem die Burg zu klein war um Gäste unterzubringen, ließ Astor direkt daneben ein kleines liebliches Dorf mit Cottage-Häusern erbauen, die durch Flure miteinander verbunden sind. Auch der Garten ist wirklich beeindruckend; nicht nur seiner Größe wegen, sondern auch wegen der herrlichen und aufwendigen Anlagen. Astor hat sogar einen riesigen See anlegen lassen.
Hever Castle zeigt wirklich sehr schön was alles machbar ist, wenn Geld keine Rolle spielt. Die über 800 Arbeiter, die 3 Jahre lang mit der Restaurierung der Burg beschäftigt waren und die 700 Männer, die für die Neuanlage der Gärten mit dem künstlichen See und über 500.000 Pflanzen zuständig waren, haben sicherlich ein Vermögen verschlungen. Hever Castle und seine Gärten sind wirklich sehr sehenswert und ihren teuren Eintrittspreis wirklich wert (gehören nicht zum National Trust)
Die Gärten von Sissinghurst
Diese sind angeblich weltberühmt und inzwischen der meistbesuchte Garten Englands. Bei diesem Garten handelt es sich um einen der typischen englischen Gärten, bei denen es mehrere „Räume“ gibt, die von Buchsbaumhecken, Eibensäulen und niedrigen Ziegelmauern voneinander abgeschirmt sind. Jeder Raum hat eine in Farbe und Duft eigene Bepflanzung, Ich sage dazu immer gepflegte englische Wildnis, da die einzelnen Beete vor Pflanzen überborden und keine Hand mehr dazwischen passt. Ich habe mir den Garten größer vorgestellt aber er ist ein richtiges überschaubares & idyllisches Kleinod. Robert konnte meine Begeisterung nicht so sehr teilen. Er fand den Garten zwar ganz nett, konnte aber nichts Besonderes daran finden. Er vermutet, dass dieser Garten deshalb weltberühmt ist, da er ab 1930 aus dem nichts von Vita Sackville-West und ihrem Mann Harold Nicolson gestaltet wurde.  Vita Sackville-West war eine sehr kundige und leidenschaftliche Gärtnerin, die 15 Jahre lang die wöchentliche Gartenkolumne im Observer schrieb und die Leser damit begeisterte. Zudem war sie in eine heftige Liasion mit Virginia Woolf verstrickt. Beides führt bekanntlich zu einer gewissen Bekanntheit und lässt die Massen pilgern.
Vita Sackville-West war eine sehr kundige und leidenschaftliche Gärtnerin, die 15 Jahre lang die wöchentliche Gartenkolumne im Observer schrieb und die Leser damit begeisterte. Zudem war sie in eine heftige Liasion mit Virginia Woolf verstrickt. Beides führt bekanntlich zu einer gewissen Bekanntheit und lässt die Massen pilgern.
Der Garten ist durch den Otto-Normalbürger schnell erkundet (wir waren nicht länger als 45 Minuten dort) und nur der Gartenliebhaber bzw. Pflanzenkenner verweilt dort länger. Ich denke, dass daher auch nur bei diesen der Eintrittspreis gut angelegt ist. Es sei denn, der Besucher ist im Besitz der National Trust Karte
Scotney Castle
Hier bekommt man nicht nur ein Haus, sondern deren gleich zwei zu sehen. Auf der Spitze des Berges steht das neue Haus, das 1837 von Anthony Salvin im Elisabethanischen Stil erbaut wurde. Unten im „Tal“ stehen noch die Überreste der alten mittelalterlichen Burg umgeben von einem sehr malerischen und romantischen Wassergraben. An diesem idyllischen Anblick konnte ich mich gar nicht satt sehen.
Das „neue“ Haus ist insofern interessant, da es noch bis in dieses Jahrhundert bewohnt wurde und noch das Mobiliar der letzten Bewohner zeigt. Ich habe wieder einmal festgestellt, dass es sich sicherlich toll anhört in einem Schloß zu wohnen, Komfort stellt aber wirklich ein Fremdwort dar. Gerade was das Thema Badezimmer anbelangt. Ich möchte in keinem Fall tauschen.  Scotney Castle zeigt sehr schön, was die Bewohner alles so verändert haben bzw. wie es sich in der heutigen Zeit in und mit so einem Schloß oder Herrenhaus leben lässt. Wer das einmal live sehen möchte, dem sei Scotney Castle empfohlen. Auch hier – wie bei allen anderen Sehenswürdigkeiten – sind wirklich in jedem Raum „Freiwillige“ zu finden, die zu allen möglichen und unmöglichen Fragen Antwort geben und auch immer wieder eine gute Quelle für Informationen zum Hintergrund, Details etc. sind.
Scotney Castle zeigt sehr schön, was die Bewohner alles so verändert haben bzw. wie es sich in der heutigen Zeit in und mit so einem Schloß oder Herrenhaus leben lässt. Wer das einmal live sehen möchte, dem sei Scotney Castle empfohlen. Auch hier – wie bei allen anderen Sehenswürdigkeiten – sind wirklich in jedem Raum „Freiwillige“ zu finden, die zu allen möglichen und unmöglichen Fragen Antwort geben und auch immer wieder eine gute Quelle für Informationen zum Hintergrund, Details etc. sind.
Ich finde es wirklich schade, dass wir diese Art von Freiwilligendienst nicht in Deutschland haben. Es würde aus meiner Sicht jedes Museum etc. bereichern.
Bodiam Castle
 Bei Bodiam Castle handelt es sich um eine wirklich sehr romantische Wasserburg, die von einem idyllischen Burggraben umgeben ist. Von der Burg stehen nur noch die Außenmauern; innen sind leider nur noch Ruinen vorhanden. Der Blick von außen auf die Burg ist einzigartig schön und wir können nachvollziehen, dass es sich dabei um eine der romantischsten Sehenswürdigkeiten in Südengland handelt. Ich bin allerdings kein großer Freund von Ruinen, da ich mir anhand der verbliebenen paar Steine immer nur schwer vorstellen kann, wie der Raum/Bereich früher einmal ausgesehen haben könnte.
Bei Bodiam Castle handelt es sich um eine wirklich sehr romantische Wasserburg, die von einem idyllischen Burggraben umgeben ist. Von der Burg stehen nur noch die Außenmauern; innen sind leider nur noch Ruinen vorhanden. Der Blick von außen auf die Burg ist einzigartig schön und wir können nachvollziehen, dass es sich dabei um eine der romantischsten Sehenswürdigkeiten in Südengland handelt. Ich bin allerdings kein großer Freund von Ruinen, da ich mir anhand der verbliebenen paar Steine immer nur schwer vorstellen kann, wie der Raum/Bereich früher einmal ausgesehen haben könnte.
 Damit beschränkt sich Bodiam Castle auf die Außenfront und nur dafür lohnt es sich m.E. nicht extra hinzufahren. Es gibt genug Bilder, die diesen Ausbund an Romantik zeigen.
Monk’s House
Ursprünglich hatten wir das Cottage von Virginia Woolf, der Literatur-Ikone des 20. Jahrhunderts nicht auf unserem Plan. Nachdem wir auf unserem Weg nach Brighton fast daran vorbeigekommen sind und der Eintritt dank der National Trust Karte frei war, haben wir unsere Meinung geändert.
Das Cottage ist wirklich zauberhaft und auch der sehr große dazugehörende Garten hat sein eigenes Flair. Insg. 4 Räume sind zugänglich und verströmen ihren eigenen Charme. Virginia Woolf war schon zur damaligen Zeit eine sehr fortschrittlich denkende Frau weitab von jeglicher Konvention. Dies zeichnet auch den Einrichtungsstil ihres Cottages aus, der durchaus noch in unsere heutige Zeit passt. Ich würde das Cottage, so wie es eingerichtet ist, sofort als Feriendomizil übernehmen. Es verströmt eine liebevolle, gemütliche und anheimelnde Atmosphäre. Es ist nur sehr schwer vorstellbar, dass Virginia Woolf ihr Leben lang stark von Depressionen gequält wurde und sich 1941 in der Nähe ihres Hauses das Leben genommen hat. Die zugänglichen Räume und der Garten sind sehr schnell besichtigt. Eine Fahrt eigens zum Cottage lohnt unseres Erachtens daher nicht, es sei denn, man ist ein Fan von Virginia Woolf. Liegt es auf der Route so ist es eine schöne & kurzweilige Unterbrechung.
Petworth House
 Was für ein tolles Gebäude. Robert und ich waren bzw. sind total begeistert und beeindruckt. So haben wir uns immer die englischen Landsitze vorgestellt. Man läuft erst ein gutes Stück durch den mit alten Bäumen gesäumten Park (in diesem Fall 700m) und hat dann den Ausblick auf das wunderschönes sehr große Haus. Die Dienstboten haben einen eigenen Trakt, der über Tunnel mit dem Haus verbunden ist. Die noble Gesellschaft wollte damals nicht durch die niederen Dienstboten-Tätigkeiten gestört werden. Auf was die damals doch so alles gekommen sind – Snobismus pur kann ich dazu nur sagen. Alle Besitzer von Petworth House waren große Kunstsammler & Mäzene. Das Haus war von vornherein zur Ausstellung der wertvollen Kunstwerke bestimmt.
Was für ein tolles Gebäude. Robert und ich waren bzw. sind total begeistert und beeindruckt. So haben wir uns immer die englischen Landsitze vorgestellt. Man läuft erst ein gutes Stück durch den mit alten Bäumen gesäumten Park (in diesem Fall 700m) und hat dann den Ausblick auf das wunderschönes sehr große Haus. Die Dienstboten haben einen eigenen Trakt, der über Tunnel mit dem Haus verbunden ist. Die noble Gesellschaft wollte damals nicht durch die niederen Dienstboten-Tätigkeiten gestört werden. Auf was die damals doch so alles gekommen sind – Snobismus pur kann ich dazu nur sagen. Alle Besitzer von Petworth House waren große Kunstsammler & Mäzene. Das Haus war von vornherein zur Ausstellung der wertvollen Kunstwerke bestimmt.
Daher sind die Zimmer alle als Prunkzimmer ausgestattet und nur vom Feinsten. Petworth House beherbergt heute die umfassendste und bedeutendste Gemälde- und Skulpturensammlung in der Obhut des National Trusts. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Es gibt keine Absperrungen und sichtbare Sicherungen. Man betrachtet die Bilder (u.a. Unmengen von William Turner, Constable, Reynolds und van Dyck) wie in einem Wohnzimmer und man darf dazu auch noch ganz nahe herangehen. Ein einmaliges Erlebnis.
 Hochinteressant ist auch der Dienstbotentrakt, der noch die damalige Küche enthält, die sich über mehrere Räume erstreckt. Bei den Dienstboten gab es eine eigene Hierarchie und es herrschten damals Disziplin und Ordnung. Wehe dem, der in der Hierarchie ganz unten stand. Der musste bzw. durfte für wenig Geld ganz schön schuften. Je weiter oben, um so leichter wurde es und um so mehr Geld gab es. Fast ganz so wie heute ….







