Verlockende Beschreibung im Reiseführer
Route 62, das klingt doch irgendwie nach Amerika – oder? Nach Route 66! Laut unserem Reiseführer handelt es sich bei der Route 62 um eine der lohnenswerteren Strecken des Westkaps. Die Bergroute durch das Landesinnere ist das Pendant zur Garden Route an der Küste. Angeblich soll diese „Hintergarten“-Route in vieler Hinsicht sogar mehr hergeben als die Garden Route, da sie weniger touristisch ist.
Zudem soll sie auch noch mit spektakulärer Landschaft, ruhigeren Straßen und ein paar ausgesprochen netten Kleinstädten gesegnet sein. Wer kann bei so einer Beschreibung noch wiederstehen? Wir konnten es auf jeden Fall nicht. Und so haben wir uns erwartungsfroh und voller Vorfreude auf den Weg gemacht. Gestartet sind wir in Robertson. Gefahren sind wir die Strecke lediglich bis Oudtshoorn, unserem Tagesendziel. Hier treffen die Berg- und Küstenstraße zusammen. Anschließend werden wir über die Küstenstraße weiterfahren.
Von Ashton über den Cogman’s Kloof Pass nach Montague
Diese Strecke wird im Reiseführer eigens hervorgehoben. Den Höhepunkt dieser 5 km langen Strecke, nämlich wie sich der Pass durch eine Felswand in das Montague-Tal windet, haben wir jedoch nicht als solches empfunden. Das lag wahrscheinlich in der Hauptsache daran, dass rund um die Strecke und insbesondere auch an diesem Nadelöhr eine Baustelle nach der anderen war. Wer nimmt schon die Besonderheit der Natur so richtig war, wenn die Sicht durch die Bauarbeiter und Baustellenfahrzeuge versperrt ist. Und es zudem nur im Schritt-Tempo Vorwärts geht.
Ortschaften entlang der Strecke, in denen man nicht tot über dem Zaun hängen will
Um es gleich vorweg zu nehmen. Egal wie blumig die Ortschaften Montague und Barrydale im Reiseführer beschrieben werden, in unserer Wahrnehmung stimmt maximal nur die Hälfte. Wenn überhaupt! Beide Ortschaften sind sehr klein. Allerdings blitzesauber. Die Häuser entlang der Hauptstraße sind in blendendem weiß getüncht. Ein paar davon lassen noch den holländischen Stil erahnen bzw. sind in diesem Stil erbaut. Es gibt B&B’s, Lodgen, und ein Cafe bzw. Restaurant. Das war es dann schon. Für uns war nichts dabei was das Aussteigen gelohnt hätte. In den Ortschaften ist so wenig los und geboten. Wir möchten hier nicht einmal tot über dem Zaun hängen.
Montague ist ein „Kurort“ mit einer Thermalquelle. Aber mal ehrlich, wer möchte sich bei 35 Grad Sonnenschein in ein heißes Thermalbecken begeben? Wir auf jeden Fall nicht. Der Schweiß floss bei uns auch so schon in Strömen. Barrydale soll angeblich ein Mekka für Künstler sein. Davon war für uns nichts zu spüren. Wir hätten Galerien, Ateliers oder entsprechende Läden erwartet. Nichts dergleichen. Wir haben uns anhand der Beschreibung einfach eine falsche Vorstellung von diesem Ort gemacht.
Wir sind der Meinung, dass man durch diese beiden Orte getrost durchfahren kann ohne etwas zu Versäumen. Das gilt auch für die noch kleineren nicht genannten Ansiedelungen die unterwegs auf der Route 62 liegen.
Portwein bis zum Abwinken in Calitzdorp
Calitzdorp ist die einzige Ortschaft auf dem Weg nach Oudtshoorn bei der sich aus unserer Sicht ein Stopp lohnt. Aber nicht etwa desshalb weil das Städtchen so nett wäre. Es unterscheidet sich von der Hauptstraße aus gesehen nicht wirklich von den anderen Städten. Obwohl die eine oder andere Nebenstraße in ihrem viktorianischen Stil durchaus seinen Reiz hat. Sondern Calitzdorp ist die südafrikanische Stadt des Portweins. Das kleine Karoo-Dorf kann mit einigen Weingütern aufwarten, aus denen die besten Port- und Likörweine des Landes kommen. In der Vergangenheit konnte ich meinen Mann nicht von den Vorzügen eines guten Glases Port überzeugen. Erst ein guter Freund aus Brighton, ein ausgewiesener Fachmann in diesem Thema, konnte ihn eines Besseren belehren. So war dann ein Stopp bei einer Kellerei für uns von Vornherein eine ausgemachte Sache. Wir haben uns für eine Verkostung bei Krans Estate entschieden. Uns haben alle Kellereien nichts gesagt. Unser Reiseführer hat dieses wärmstens empfohlen. Dieses Mal wurden wir von diesem nicht „angelockt“ und enttäuscht. Der Besuch war es wirklich wert. Die angebotenen Portweine alle traumhaft gut. Wir können gut nachvollziehen, dass der De Kraans Vintage Reserve Port zu den drei besten des Landes zählt. Bei diesem Besuch sind wir allerdings nicht „glimpflich“ davongekommen. Krans Estate hat einen deutschen Importeur. Dieser ist gar nicht so weit von unserer Heimatstadt entfernt. Einer größeren Bestellung des einen und anderen phantastischen Tropfens stand damit nichts im Weg. Wir dürfen nun bald einige Flaschen unser Eigen nennen. Juchhuuu! Wir freuen uns schon auf die erneute Verkostung dieser wirklichen einmalig guten Portweine. Dieses Mal allerdings Daheim!
Grandiose und abwechslungsreiche Landschaft entlang der Route 62
Jetzt wird sich sicherlich der eine oder andere die Frage stellen warum er überhaupt die Route 62 fahren soll. Oder was an dieser Route das Besondere sein soll. Die Landschaft dieser Strecke ist das wirkliche Highlight. Dafür lohnt es sich absolut diese Strecke zu fahren. Sie ist einfach grandios und sehr abwechslungsreich. Es geht zum Teil über dramatische Pässe. Bizarr anmutende Trockengebiete lösen sich mit fruchtbaren Gebieten ab in denen Obst und Wein angebaut werden. Diese ständig wechselnden Gegensätze fanden wir sehr reizvoll und faszinierend. Nicht zu vergessen die eindrucksvollen Bergketten links und rechts der Straße, die alles „umrahmten“. Die von unserem Reiseführer gemachten Versprechungen haben sich bezüglich der Landschaft voll und ganz erfüllt. Die Landschaft der Strecke hat uns in ihren Bann gezogen. Wir waren davon sehr begeistert und angetan.
