Ein kurzweiliger Tag in „The Historic Dockyard“ in Chatham

The Historic Dockyard Chatham. Blick auf die HMS Gannet, eines der ersten dampfbetriebenen Kriegsschiffe und dahinter „The Big Space“. Dort wurde 1905 das letzte Schlachtschiff, die HMS Africa, in Chatham gebaut.

Wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich freiwillig und ohne mich zu langweilen  6 ½ Stunden (incl. Mittagspause) in einem Museum oder Ausstellung verbringen würde, dann hätte ich ihn der Lüge bezichtigt. Aber wir haben heute dieses Wunder tatsächlich vollbracht und diese lange Zeit sehr kurzweilig in den königlichen Werftanlagen verbracht. Das 32 ha große Areal sind die weltweit am besten erhaltenen und ältesten Marine-Werftanlagen aus dem Zeitalter der Segelschiffe, die erst 1984 stillgelegt wurden. Neben dem längsten Seilereigebäude der Welt, 3 historischen Kriegsschiffen (U-Boot, Segelschiff und Zerstörer), einer audiovisuellen Show zur damaligen Entstehung der Segelschiffe gibt es auch noch diverse interessante Ausstellungen zu besichtigen. Überall stehen Freiwillige bereit, um mit Begeisterung Fragen zu beantworten – sei es zur Geschichte der Werftanlagen oder zu den einzelnen Ausstellungsstücken.

Die geführte Tour durch das U-Boot Ocelot (1991 außer Dienst genommen) hat mich besonders beeindruckt. Es ist im U-Boot so was von eng, dass man gerade genug Platz hat um zu Laufen, aber zu mehr auch schon nicht. Überall sind Rohre, Leitungen, Knöpfe, Schalter, Hebel, Maschinen und vieles mehr. Dass sich hier noch jemand auskennt grenzt aus meiner Sicht an ein Wunder. Die 30 Minuten im U-Boot haben gereicht um bei mir Beklemmungen auszulösen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es ist, sich wochen- oder gar monatelang dort aufhalten zu müssen, noch dazu wo es keine Privatsphäre gibt.

Auch besonders hervorzuheben ist die audiovisuelle Show zur Entstehung der Segelschiffe. Das ganze war so gestaltet, dass es für den Besucher den Anschein hat, er wäre mittendrin in der Geschichte. Wie bei der Geisterbahn auf dem Rummelplatz wurde man von Raum zu Raum gelotst. Jeder dieser Räume ist ausgestattet, wie in der damaligen Zeit und wird begleitet von einem Film, der die jeweilige Geschichte bzw. Hintergründe erzählt. Genauer gesagt begleitet man auf dieser Tour einen ehemaligen Schiffsbauer und seinen Enkel durch die damalige Werft und lernt dabei ganz nebenbei einiges über den Schiffsbau kennen. Das muss man den Engländern lassen, die wissen eine Ausstellung wirklich lebensnah und kurzweilig zu gestalten.

Hier wurden die Taue für die Schiffe hergestellt.

Einziger Wehrmutstropen war die Führung in der Seilerei. Nicht dass es nicht sehr interessant gewesen wäre – ganz im Gegenteil – wir haben leider nur so gut wie nichts verstanden. Die Tour-Führerin hat dermaßen schnell in ihrer eigenen Art gesprochen, dass wir uns gefragt haben, kann das wirklich Englisch sein. Nachdem die Muttersprachler allerdings alle folgen konnten, muss es dann doch an uns gelegen haben. Ich kann nun alle Ausländer besser verstehen, die mit ihrem gelernten Hochdeutsch an all unseren verschiedenen Dialekten verzweifeln. Aber Gott sei Dank haben die Ausstellungs- und Demonstrationsobjekte für sich gesprochen und wir konnten auch noch einiges über die Schautafeln an Informationen mitnehmen.

Uns hat die königliche Werftanlage wirklich wahnsinnig gut gefallen. Aus unserer Sicht steht sie zu Recht auf der Vorschlagsliste zum UNESCO-Welterbe. Wir möchten daher jedem, der sich irgendwann in dieser Gegend aufhält, einen Besuch ans Herz legen. Es lohnt sich und wirklich jeder kommt auf seine Kosten!

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